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Stomatopoda

Be­kennt­nis­se einer ver­lieb­ten Nach­barin

·674 Wörter

Die grammatischen Fehler (besonders bezüglich des Genus) sind absichtlich stilistisch begründet. Darüber hinaus handelt es sich um Lautgedichte, die nur durchs laute Vorgelesenwerden die vollständige von der Autorin intendierte Wirkung entfalten.

Doris Marquenet 

käuflich 
ständig 

ohne Boden 
 	     ohne 
         
         Hoden 

verquält 

ihr stilles 
  
  Gesicht 


Vergissmeinnicht 

				*  

Im Zug 
des Luftschachts 
geistert sie herum 

in meinen Gedanken 
mild und stumm

Doris 

Marquenet

				*

Sie ist 
Sie ist meine 

Sie ist meine Nachbarin 

Sie will 
Sie will nicht 

Sie will nicht mit mir sprechen 

Sie grüßt 
Sie grüßt mich 

Sie grüßt mich nicht 

einmal 

wenn ich an ihrem Fenster vorbeigehe 
sie anlächle 
durch die Scheibe 

				*

Sie strotzt 
      fotzt 
      kotzt 
      wotzt 

Hotzen 

      motzt 
  in der Tat 

Schlotzen 

all das 

kann man über 
::Doris Marquenet::

nicht sagen – 

wenn man es nicht weiß. 

				*

Angebandelt 
überbade ich 
meinen Busen 
kreise 
verreise 
in den Kopf 
der Doris 

::Marquenet::

überblende 
ihre Augen 
mit meinen Augen 
überwältige sie 
nachts 
in ihrem Gewissen 
denn ich weiß: 

denn ich weiß

				*

Verrückt 
wie ich 
sie 

verrückt 
wie sehr 
ich sie 
verrückt 
geknückt 
schon alles 

aber 

Doris, 
was für ein seltener Name 
ich sah ihn an der Klingel 

nebenan

und seitdem 
denk ich daran 

				*

Sie ist sicher 
34 Jahre alt 
oder so 
34 Jahre älter 
oder so 

so 
denke ich 
mir das 
während ich 
vergeblich 
ein Fischstäbchen 
anbrate 

und eine Kartoffel

sie weiß davon nicht 
sie heißt auch so nicht 

wahrscheinlich 

				*

„Doris Marquenet“

dieser Name 
dieser Schame 
dieser Wesen 
so belesen 

„Gesundheit!“ lächle ich ans Fenster
wenn ich ihr überlautes Niesen 
durch die Hauswände höre 

				*

Bescheidenheit 
will gelernt sein 

Bauchnabel 
auch 

Vielleicht sollte 
man nicht so 
bauchnabelig sein 
oder so busig 
oder so 
        behemmt. 

Vielleicht sollte 
man 

Doris Marquenet 

einfach 

Doris Marquenet 

sein lassen. 

				*

Die Hälfte meines Lebens 
sitzt dort drüben. 

Ich bin eine Stalkerin. 

Sie sitzt dort drüben am offenen Fenster 
und schreibt. 

Oder tippt irgendetwas. 
Oder wippt. 

Es sieht jedenfalls so aus. 

Gefährlich, auch: 

::Doris Marquenet::

				*

Boris 

Marquenet 

kam heute 
schaute vorbei 

einerlei 

die Eifersucht 
das Unbehagen 
war groß. 

Umarmen 
Der Griff in den Kühlschrank 
Der Griff in ihr Haar 
sein Blick 
in ihren Computer 
all dieses 
Tohuwabohu 
sah ich mit an 

am Kleiderschrank. 

				*

Doreen 
Marquenet 

ist sicher ihre Schwester 
oder so etwas Ähnliches 

mit einem Harvester 
und viel 







Geduld 








beobachtete ich 
      – leise – 

 		– behutsam – 

und 

„still“ 

wider Will 
diese Person
aus Ungestalt. 

Die Blumen 
auch, 
an denen sie 
heute 

an denen 

				*

Der Riss 
der Doris 

ist ein Angstgedicht 
meinesgleichen.  

Es muss nicht 
so aussehen, 
kann aber. 

				*

Dorise Marquette 

fetzt 

auch. 

				*

Doremifaso 
oder so 
Doris 
oder so 
Doris in Poris 
oder 

so 

				*

::Dors, Doris::
 – ein Liebesgedicht 

Das Brahmen der Hirsche 
verbrähmt keine Kirsche 
aber 

die Doris

::Dors, Doris!::

Das Hämmern der Wiesen 
das Stillstehen der Riesen 
verliert nicht 
an Angesicht 
aber 

die Doris 

::Dors, Doris!::

Du stirbst nur einmal
die Wiesen der Ungeduld 
sind blau 
und stinken. 

::Dors, Doris!::

Vergiss nicht das Schwarz 
auf den Lippen 
der Ohnmacht 
bevor 
du 

in den Zug steigst

nach Amiens. 

::Dors, Doris!::

				*

Ich weiß alles über Doris. 
Ich lebe bei ihr,
wenn sie nicht da ist. 
Angebissene Brezeln 
in ihrer Diele 
nehme ich in den Mund 

eklige Kaugummis
auf ihrem Schuhschrank 
packe ich aus der Verpackung aus 
nehme sie in den Mund 
packe sie wieder ein 
und lege sie wieder hin

wenn sie nicht da ist. 

Eine Idee 
aus einem Polizeiruf 
mit Lars Eidinger 

Wenn sie nicht da ist, 
bin ich 
da 
bin ich 
ich 
bin ich 

Doris 
ist nach Amiens gefahren 
und ich lebe bei ihr 
in ihr drin 
und bin. 

				*

Wann kommt sie wieder? 
Kommt sie? 
Es wäre so schön. 
Ich könnte sie 
von hinten 
überraschen 
und aus Versehen 
durch Zufall 
wenn Doris 
mit Durchfall 
hier ist 
oder Haaraus-
fall hat, 
wie ich gerade sehe
an ihrem hässlichen Schrank 
im Bad. 

Ihr Spiegel 
kann froh sein 

Doris 

zu spiegeln 
so oft 
so 
so 

oder so. 

				*

Doris ist sehr oft 
irgendwie 
gar nicht 
da 

sie ist sehr oft irgendwie 
nicht 
sie 
selbst 

sie ist sehr oft 

sehr oft