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Die Klausel. Ein Drama

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Figuren: #

Klausel
Resl
Vogl
Hundl
Susl
Beutl
Gewusl
Tote

Bild 1 #

Bühnenbild: Komplexe Konstruktion aus Kränen und halbfertig gebauten Stockwerken, eine Mischung aus Baustelle und abstraktem Kunstwerk – so hört es sich auch an. Rhythmisierte Stoßdämpfergeräusche, Piepsen und Klappern. Irgendwo in der oberen Bildhäfte sitzt Klausel.

Klausel: Alles scheiße. Die Gesetze sind so hochnäsig. Ich bin ihnen immer untergeordnet. Ich will aber nicht nur ein Teil von etwas sein, sondern ein Selbstständiges.

Totenstimme (aus dem Nichts): Dann hättest du aber auch Verantwortung. Sei doch froh, nur eine Klausel zu sein.

Klausel lacht dreckig.

Bild 2 #

Resl mit roten Haaren und Vogl in einem Vogelkostüm, sich an einem langen Tisch gegenübersitzend. Resl zeichnet (Kritzelgeräusche), Vogl tippt an seinem Rechner.

Resl: Ich habe eine Klausel gezeichnet.
Vogl: Welche denn?
Resl: So eine Menschenrechtsklausel. Ich weiß gerade nicht welche.
Vogl: Aha.

Bild 3 #

Tote schwingen wie Artisten an Seilen über die gesamte Bühne, als großes durcheinandriges Gewusl. Klausel spaziert hindurch, als sähe sie sie nicht.

Klausel: Warum bin ich hier? Was soll das alles? Die Menschenrechte gehen mir am Arsch vorbei. Und jetzt werde ich dafür benutzt. Und wo sind eigentlich die ganzen anderen Klauseln?

Die Toten: Sie wurden noch nicht gezeichnet.

Bild 4 #

Vogl und Resl gehen mit Hundl und Beutl vor dem Hintergrund von Bild 1 spazieren.

Resl: Ob die Klausel damit einverstanden ist, dass ich sie gezeichnet habe?
Vogl: Das musst du nicht mich fragen, sondern die Klausel.
Resl: Wenn ich doch nur wüsste, wo sie ist.
Vogl: Wahrscheinlich irgendwo in Bayern.

Bild 5 #

Die Klausel wird von Susl angerempelt.

Susl: Entschuldigung.
Klausel: Macht nichts.
Susl: Du hast deine Gabel verloren. Wer bist du denn?
Klausel: Ich bin die Klausel.
Susl (lacht aus vollem Halse): Ist das die weibliche Form von Klaus?
Klausel (beleidigt): Nein, ich bin die Klausel eines Gesetzes.
Susl: Und willst du nicht wissen, wer ich bin?
Klausel: Nee.

Bild 6 #

Resl recherchiert im Internet.

Resl: Ich hab sie!
Aus dem Computer krabbelt die Klausel. Hundl bellt.
Klausel: Hallo.
Resl: Hallo.
Klausel: Wo bin ich hier?
Resl: In Bayern.
Klausel: Achso. Keine Ahnung, wie ich hierher gekommen bin.
Resl: Ich bin die, die dich gezeichnet hat. Ich hab dich hierher recherchiert.
Klausel: DU hast mich gezeichnet? Das kann nicht sein. Ich bin eine Klausel, ich muss geschrieben werden.
Resl: Man kann Klauseln auch zeichnen. Siehst du: du siehst aus wie ein Mensch. Nicht wie ein Text.
Klausel (betrachtet sich selbst): Ich bin aber ein Text, eigentlich.
Resl: Ja. Bist halt eine Klausel.

Bild 7 #

Resl und Vogl liegen im Bett, aber aufgebahrt, damit das Publikum sie von vorne sehen kann.

Resl: Wie praktisch, jetzt kann die Menschenrechtsklausel in alle Länder gehen, auch dorthin, wo es noch gar keine Menschenrechte gibt.
Vogl: Vielleicht will sie da aber gar nicht hin. Oder wird gar nicht wahr genommen.
Resl: Oder ausgenutzt.

Bild 8 #

Klausel krabbelt wieder in Resls Comupter.

Klausel: Ich will da nicht hin.

Bild 9 #

Wieder Bettszene. Resl und Vogl schlafen. Plötzlich schreckt Resl auf.

Resl: Ich glaube, ich habe eine bayerische Klausel gemalt.

Bild 10 #

Fernsehplateaustudio. Literarisches Quartett mit drei Männern und einer Frau. Im Hintergrund ein statisches Bild von Bild 9.

Günter Grass: Dieses Stück ist ganz und gar sinnlos. Warum wurde es geschrieben? Wer ist die Zielgruppe? Welchen Zweck verfolgt es?

Die Frau: Damit bin ich ganz und gar nicht einverstanden.

Frage aus dem Publikum: Wie sehen Handys in zwanzig Jahren aus?