»Das literarische Feld ist fahrlässig offen. Ich werde es abschließen.“ Ansgar Bann hielt kurz inne. Die Augenbrauen hochgezogen, zögerte Per Klaaßen, ob sein Interviewpartner ein privates Wortspiel ins Gespräch eingebracht hatte. Beide wussten voneinander, dass sie zu klug für hohle Witze waren. Das Luftholen für diese Rückfrage setzte Bann wieder in Gang: „Zwanzig Jahre sollten reichen.“
„Für das Abschließen?“ Ein Stirnrunzeln ist das Invertieren von hochgezogenen Brauen. Bann verzog seine Miene nicht: „Des deutschen Feldes, ja. Wollen Sie das in der Textvoll dokumentieren?“ „Den Abschluss des literarischen Feldes?“ Klaaßen rekapitulierte kurz, was er von Bourdieus Feldtheorie erinnerte. Sehr kurz. Bann gab ihm Zeit: „Ja. Jährlich einen kurzen Statusbericht, und meinetwegen Auszüge aus Publikationen. Gratis.“
„Sprechen wir über den Literaturmarkt nach Bourdieu?“ Die Augenenge löste Klaaßen dabei weit auf in ein Lächeln zwischen Gewinnen und Dienen, das seinen Schwiegereltern gefallen hätte. Seine Zähne waren erst zwei Wochen zuvor vom Arzt IGeL-gebleicht worden. Ansgar Bann ließ seine von Rauch und Kaffee gebräunten Zähne hinter geschürzten Lippen. Auch den Kopf schüttelte er schließlich zahnlos zur Korrektur: „Topologisch abstrahiert. Herrschaftsverhältnisse werden nicht explizit thematisiert.“
„Eine Abnahmegarantie kann ich nicht geben.“ „Selbstverständlich nicht.“ „Für einen Blog vielleicht. Nicht weil ich Sie nicht gerne läse. Und interviewte. Ich weiß nur nicht, ob Sie für das Projekt geeignet sind, Herr Bann.“ Oder was Bann überhaupt vorhatte. So dass Klaaßen seine neutralste Miene nicht aktiv aufsetzen musste, sondern einfach in ihre Leere rutschen zu lassen brauchte. Bann spannte die Kiefer an, presste sie aufeinander, seine Wangenmuskeln zuckten kurz. Die Backenzähne knirschten im Dunkeln. Ansgar Bann nickte dreimal. „Schauen Sie: Ich stehe am Rand des Feldes, das prädestiniert mich. Das ist schon ein Anfang: ich bin ein erster Punkt auf dem Rand.“