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In der PDF-Fassung ist das minimal stimmiger und sinniger gesetzt. Lesen Sie am besten die.

Ein 40 cm x 40 cm kleines Fenster an einer mit anthrazitgrauem Filz verkleidetem Wand zeigt einen abgedunkelten Kinosaal mit einer filmprojizierten Leinwand, die das Fenster etwa in den oberen zwei Dritteln ausfüllt. Im unteren Drittel schwach beleuchtete Köpfe der Zuschauer/innen in einem ungefähr zur Hälfte gefüllten Kinosaal. Links neben der Leinwand leuchtet grün die Hinweislampe des Notausgangs sowie schwächer und in etwa 2340 Kelvin warmem Weiß aus einem dunklen Kunststoffquader die Buchstaben W und C, richtungslos. Auf der Leinwand sind drei Frauen auf drei Kinosesseln der dritten Sesselreihe mit den Nummern Plätzen 11, 12 und 13 nebeneinander zu sehen, fast leinwandfüllend. Alle drei sind gekleidet in einem aktuell zeitlosen Stil für junge erwachsene Frauen: schwarzer Pullover aus leichter Woll-Acryl-Mischung, schwarze Hose aus einem Polyester-Polyamid-Gewebe, locker fallend und bereits über den Knöcheln endend in einem Hosenbein mit 18 cm Radius. Die linke und die rechte Frau tragen jeweils weiße Sneakers eines US-amerikanischen Sportschuhherstellers, der seine Ware von Subunternehmen in China und Indonesien produzieren lässt. Beide Paare stammen größtenteils aus Fertigungsstätten in China. Die mittlere Frau trägt einen schwarzen Lackleder-Schnürschuh eines britischen Herstellers, der seine Ware von Subunternehmen in Vietnam, Thailand und Kambodscha produzieren lässt. Ihre Schuhe sind gefertigt aus Bestandteilen aus diesen drei Nationen sowie ausgestattet mit Schnürsenkeln eines chinesischen Zuliefererbetriebs. Die drei Frauen scheinen miteinander zu plaudern, der Kinosaal auf der Leinwand ist beleuchtet, fast alle Sessel hinter den drei Frauen sind frei. Ihr Gespräch kommt kontinuierlich durch das Fenster als dumpfes Humpfen aus dem abgedunkelten Kinosaal, Worte sind nur selten zu verstehen.

Aus dem Hintergrund des Betrachterstandorts klingen gedämpfte Stimmen, eine Frauenstimme in einer dunklen Altlage, nicht unähnlich der Stimme der Kamerafrau & Regisseurin, sowie eine Frauenstimme in einer mittleren Sopranlage mit leicht affektiertem, auf Demonstration von unklarer Intention bedachtem Tonfall. Sie sprechen leise, ohne zu flüstern, und klar vernehmbar.

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall
Das Publikum ist sehr gemischt.

Frauenstimme in dunkler Altlage
Das Publikum ist immer gemischt. Man weiß nie, ob die Schwätzenden oder die Wissenden zu Wort sich melden. Daher gilt es, die Fragen zu lenken in eine Richtung, in der die eigenen Botschaften aufzufinden sind.

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall
Ah, interessant: ihr habt eine Botschaft! Welche ist das denn?

Ein tiefes, kehlig-rauhes Schnauben wird gefolgt von einem kurzen kräftigen Ausschnaufen und einer Sequenz kurz-kurz-lang von tiefen Ein- und Ausatmungszügen durch eine breite Nase sowie einem langen, in Entspannung mündenden Ausatmen, nach dem wieder das leise Gespräch den Raum füllt.

Dumpfe Stimme aus dem Kinosaal
… kennst den … nein … nie … personen …

Frauenstimme in dunkler Altlage
Ich spreche von Ihrer Botschaft: den Absichten, die zur Einladung des Films zur Projektion mit anschließendem Publikumsgespräch bewegt haben.

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall
Die Absichten dahinter kenne ich nicht. Ich wurde als Moderatorin engagiert – ich bin Redakteurin beim Bayerischen Rundfunk. Radio. Mit Filmen habe ich wenig am Hut. Außer mit Serien, natürlich.

Ein kehliger Grunzlacher wird gefolgt von einem tiefen, kräftig seufzenden Einschnaufen und einer Sequenz kurz-kurz-lang von tiefen Ein- und Ausatmungszügen durch eine breite Nase sowie einem langen, in Entspannung mündenden Ausatmen, nach dem wieder das leise Gespräch den Raum füllt.

Frauenstimme in dunkler Altlage (die subjektiv von der Rezipientin wahrgenommene Ähnlichkeit mit der Stimme der Kamerafrau & Regisseurin wächst)
Keine Sorge: dass das Briefing vor einem Podiumsgespräch mehr der Moderation gilt als den Gästen, ist die Regel. Um offen zu sein: es dient uns immer auch dazu, die Moderation in eine Richtung zu bringen, in der unsere Botschaften aufzufinden sind.

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall (von der Rezipientin subjektiv allmählich als die Moderatorin aus dem Publikumsgespräch von Szene fünf wahrgenommen)_
Also doch eine Botschaft! (Stößt drei helle, spitze Lacher aus.)

Hinterkopf und Nacken einer zierlich gebauten Person asiatischer Abstammung sowie anscheinend weiblichen Geschlechts gleiten vor das Fenster. Der pagenfrisierte Kopf verharrt 27 Sekunden in minimalem Schwanken in praktischer Parallele von Augenpartie und Fenster, anscheinend mit Blick auf die Leinwand.

Dumpfe Stimme aus dem Kinosaal
… sprecht ihr immer… … riegel statt vom film … fokus auf den rand modern … schauen wirst … Sehr Selten …

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall (von der Rezipientin subjektiv allmählich als die Moderatorin aus dem Publikumsgespräch von Szene fünf wahrgenommen)
Sollte nicht Pascal auch mit aufs Podium?

Frauenstimme in dunkler Altlage (die subjektiv von der Rezipientin wahrgenommene Ähnlichkeit mit der Stimme der Kamerafrau & Regisseurin wächst)
Pascal?

Frauenstimme in mittlerer Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall (von der Rezipientin subjektiv allmählich als die Moderatorin aus dem Publikumsgespräch von Szene fünf wahrgenommen)
Von High Rise?

Frauenstimme in dunkler Altlage (die subjektiv von der Rezipientin wahrgenommene Ähnlichkeit mit der Stimme der Kamerafrau & Regisseurin wächst)
Ah, Pascal. Der hätte eine andere Richtung eingeschlagen …

Eine kurze Pause entsteht, während überpräsent die Lüfter des Filmprojektors bläst. Der pagenfrisierte Kopf am Sichtfenster zum Kinosaal wendet sich um und blickt teilnahmslos frontal ins Publikum. In diese Pause hinein blökt eine der Rezipientin inzwischen sehr vertraut gewordene Stimme:

Schubert das Schaf
Batschit, Mörtsch, änd Chräsa!

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung lächelt zurückhaltend. Die Sopranstimme schnaubt aus dem Hintergrund in vier Stößen zwischen Lachen und Schmunzeln, deutlich leiser und weniger schrill als die drei hellen, spitzen Lacher 59 Sekunden zuvor.

Moderatorin in ihrer mittleren Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall
Das muss nicht sein, in der Tat.

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung schwenkt den Kopf um drei Grad nach links, zieht die Mundwinkel für 1,77 Sekunden kaum merklich weiter nach außen und lächelt anschließend wieder exakt so zurückhaltend wie zuvor. Der Lüfter des Filmprojektors bläst überdeutlich 31 Sekunden lang über der Wortlosigkeit vor dem Fenster zum Kinosall.

Hinter dem Kopf der jungen Frau asiatischer Abstammung ist durch das kleine Fenster zum Kinosaal ein Wechsel der Leinwandprojektion zu sehen: statt der drei in einem zeitlosen Stil gekleideten Frauen sind nun die Moderatorin, die Kamerafrau & Regisseurin sowie Schubert das Schaf zu sehen, auf Stühlen auf einem Podium sitzend. Die Frau wendet sich wieder um, beugt sich 11 Zentimeter nach unten bis auf etwa die Höhe des Fensters, den Kopf ein wenig nach vorne geschoben, und schaut durch. Ihre Stirn ist leicht gekräuselt, was aber für keines der beiden Publika zu sehen ist.

Dumpfe Stimme aus dem Kinosaal
… freiheiten schafft … nicht ab … wenn … geländer bricht … stürzt … hinein und hinaus …

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung richtet sich auf und dreht sich wieder zum Publikum. Mit der Drehung wird die Szene erweitert zu einer kleinen dunklen Kammer von etwa 2,20 x 4,75 Meter mit dunklen Wänden und einem dunklen Teppichboden. Im Raum stehen vier Personen, zwei Klappstühle aus kieferfarbenem Holz und eine großes Pult, auf dem mächtig ein digitaler Kinoserver thront, links vor dem Fenster zum Kinosaal, an dem die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung steht. Links vom digitalen Kinoserver steht Schubert das Schaf mit Blick frontal ins Publikum, zu seiner rechten Seite die Regisseurin & Kamerafrau halb zu Schubert und dem Kinoserver gewandt. Zu ihrer rechten, also links in der Szene steht die Moderatorin, die sieben Blätter Kartonpapier in ihrer linken Hand hält, an die ein blauer Kugelschreiber geklammert ist.

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung
Sie sollten die Tonspur selbst thematisieren, falls Sie diese Richtung halten für zu verfolgen wert. (Nickt.) Niemand im Publikum wird das tun. (Nickt.)

Ihre Stimme bewegt sich zwischen 250 und 330 Hz, mit Modulation gegen 370 Hz beim zweiten, vierten und fünften langen ›i‹. Am Ende der beiden Sätze senkt sie die Stimme und dehnt jeweils leicht den Vokal über die Gewohnheiten der meisten deutschen Sprecherinnen.

Moderatorin in ihrer mittleren Sopranlage mit leicht affektiertem Tonfall
Tonspur? Du meinst die Musik? Die wäre mir gar nicht aufgefallen.

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung
Ihr Fehlen fällt auf. Die Tonspur dominiert dennoch das Geschehen. (Nickt.)

Schubert das Schaf nickt.

Regisseurin & Kamerafrau in dunkler Altlage
Ja. (Nickt.)

Die Moderatorin prüft die Gesichter von Schubert dem Schaf und der Regisseurin & Kamerafrau und gibt sich einen fröhlichen Ruck.

Moderatorin
Okay, super!

Die Moderatorin beginnt eine kurze Notiz auf eine 155,4 cm² große Kartonkarte im Querformat. Schubert das Schaf und die Regisseurin blicken die junge Frau anscheinend asiatischer Abstammung an, diese blickt die beiden an. Die Regisseurin & Kamerafrau lächelt und nickt. Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung lächelt.

Die pagenfrisierte Frau anscheinend asiatischer Abstammung
Die Projektion ist bereits am Ende der fünften Szene angelangt. Wir sollten nach unten, allmählich.

Die junge Frau anscheinend asiatischer Abstammung nickt. Schubert das Schaf und die Kamerafrau & Regisseurin nicken.